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Toni Morrison

In Erinnerung an Toni Morrison

Toni Morrison lebte von 1931-2019 in den USA. Ihre literarischen Werke eröffnen eine vielschichtige Sprache über Schwarze Erfahrungen und dienen vielen als einzigartige Inspiration. 1993 wurde Morrison als erste afroamerikanische Schriftstellerin mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet.

In ihrer Arbeit widersetzt Morrison sich wiederholt dem Status quo und spricht das gezielte und unbewusste Unsitchtbarmachen weißer Vorherrschaft in der Literaturszene direkt an. 1992 in Playing in the Dark: Whiteness and the Literary Imagination (übersetzt als Im Dunkeln Spielen: weiße Kultur und literarische Imagination) stellt sie ganz konkrete Fragen: Was passiert mit der schriftstellerischen Vorstellungskraft einer Schwarzen Autorin, die sich in gewisser Weise immer bewusst ist, Schwarzsein in einem Kontext zu repräsentieren, der sich selbst mehrheitlich als universell oder frei von rassistischen Einteilungen wähnt? Wie entsteht die Einteilung in weiße oder Schwarze Literatur und was ist die Konsequenz dieser Konstruktionen? In Bezug auf unterschiedliche Positionierungen: Wie werden literarische Texte von wem gelesen?

Morrison wird geschätzt für die Komplexität ihrer Werke, die rassistische Strukturen aus Schwarzer Perspektive auch dann mitdenken, wenn sie nicht das zentrale Thema sind. Die Autorin sagt selbst, dass genau das es ist, was ihr während der Arbeit immer bewusst bleibt:

“My work requires me to think about how free I can be as an African-American woman writer in my genderized, sexualized, wholly racialized world.”

Playing in the Dark

“Meine Arbeit verlangt von mir darüber nachzudenken, wie frei ich als afroamerikanische, weibliche Schriftstellerin sein kann in dieser gegenderten, sexualisierten und vollständig rassifizierten Welt“

Im Dunkeln Spielen

Morrisons erster Roman erscheint 1970. The bluest eye – oder Sehr blaue Augen in der deutschen Übersetzung – untersucht weißsein als Norm und die negativen Effekte dieses unerreichbaren Standards im Leben von Schwarzen Menschen. Die junge Schwarze Protagonistin Pecola nimmt sich selbst als hässlich wahr und wünscht sich nichts sehnlicher als blaue Augen, die sie mit weißsein gleichsetzt. Von blauen Augen verspricht sie sich nicht nur Schönheit, sondern auch die Lösung aller Probleme des familiären und materiellen Elends, in dem sie aufwächst.

Tatsächlich haben alle Werke von Morrison einen explorativen Charakter in Bezug auf Frausein und Schwarzsein. 1987 erlangt Morrison mit ihrem Roman Beloved, der zwei Jahre später auf Deutsch unter dem Titel Menschenkind erscheint, Weltruhm. In diesem Epos untersucht Morrison in erster Linie welche Folgen Versklavung auf das Leben von Schwarzen Menschen in den USA hat. Der Roman beleuchtet die Frage, wozu Menschen bereit sind, um ihre Kinder vor einem Leben in Folter zu schützen.

Morrison schreibt für eine Schwarze Leser*innenschaft und schenkt der psychischen Gesundheit von Schwarzen Menschen in ihren Werken vollste Aufmerksamkeit. Ihre Haltung ist bemerkenswert, da die Literaturlandschaft zu Morrisons Lebzeiten eine noch stärker weiß-männlich-dominierten Industrie war als jetzt.

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