Zami – eine neue Schreibweise meines Namens
Audre Lordes Mythobiografie Zami: Eine neue Schreibweise meines Namens (deutsche Übersetzung von Karen Nölle) erzählt über das persönliche, poetische, politische und sexuelle Erwachsenwerden dieser ikonischen Schriftstellerin. Lorde beschrieb sich zu ihrer Lebzeit selbst als „Schwarze Frau, Lesbe, Mutter, Kriegerin, Dichterin“ und die Darstellung ihres frühen Lebens ist ein wahrhaft kraftvoller Text, der dies unterstreicht. Das Buch ist ein Muss für alle, die sich für die gelebten Erfahrungen von intersektionaler Marginalisierung interessieren. In diesem Buch erzählt eine der talentiertesten Stimmen über diese Realitäten.
Lorde wuchs in einem extrem strengen Elternhaus in New York auf und ihre Kindheit scheint ein ständiger Konflikt mit ihrer eisernen Mutter zu sein. Ihr Vater stammt aus Barbados und ihre Mutter von der grenadischen Insel Carriacou. Beide kamen in ihren frühen Zwanzigern in die USA. Die hart arbeitenden, strikten Eltern befinden sich in einem täglichen Kampf, um über die Runden zu kommen und ihren Töchtern ein besseres Leben zu ermöglichen, während sie sich gleichzeitig mit extremer Ungleichheit und strukturellem Rassismus in dem Land auseinandersetzen müssen, das sie zu ihrer Heimat gemacht haben.
Schon die Beschreibungen, die Lorde über ihr jüngstes Ich teilt (fast blind und immer in Schwierigkeiten), beinhaltet eine Weigerung, Ungerechtigkeit hinzunehmen. Diese Haltung wird charakteristisch für Lordes gesamtes Werk. Sie setzt sich mit allen Formen von Ungerechtigkeiten auseinander – angefangen bei den kleinsten Nadelstichen, die sie spürte, als sie, die Klassenbeste, nicht zur Klassensprecherin ernannt wurde, bis hin zu erniedrigenden Demütigungen, wie in einem Familienurlaub in Washington DC, als sie in einer Eisdiele nicht bedient werden, weil sie Schwarz sind.
Während Lorde älter wird, pflegt sie ihre Freundinnenschaften. Viele von den Frauen beschreibt sie als rebellisch, als Frauen, die sich als Außenseiterinnen fühlen. Sie erlebt den herzzerreißenden Verlust ihrer engsten Freundin, verlässt schließlich ihr Elternhaus und ist gerade dabei, sich selbst durchzuschlagen, für einen Hungerlohn hart zu arbeiten, als sie schwanger wird. Ihre Erfahrungen, als mittellose Schwarze Frau in den 1950er Jahren in den USA eine Abtreibung zu bekommen, sind erschütternd.
Das Buch folgt der Geschichte von Lordes sexuellem Erwachen, das sich, wenn sie über Frauen schreibt und über die Beziehungen zwischen ihren Körpern, schon früh in der Sinnlichkeit ihrer Prosa andeutet. Sie erzählt von ihren ersten Liebesaffären, die von leidenschaftlicher Intensität geprägt sind, wie es sich wohl für eine glühende junge Dichterin gehört. Doch sie verliert dabei nie ihren klarsichtigen Blick auf die politischen Dimensionen und Gefahren, die dem Schwarzsein, dem Frausein und auch dem Lesbischsein in dieser Welt zugrunde liegen.
Zami beleuchtet die USA der 50er Jahre kritisch: Es ist die Zeit des McCarthyismus, des Prozesses gegen die Rosenbergs, der Homophobie in der „progressiven“ linken Szene und des alltäglichen, aber uneingestandenen Rassismus in der lesbischen Szene. Buchstäblich und bildlich sonnigere Momente kommen ins Spiel, als Lorde eine lang ersehnte Reise nach Mexiko unternimmt, wo sie sich in eine sinnliche Lebensweise und in eine ältere Frau verliebt. Doch ihre Geschichte führt sie zurück nach New York und hält weiteren Herzschmerz für sie bereit. So düster viele ihrer Geschichten sind, denn es geht auch um psychische Gesundheit und emotionalen Verrat, Lordes Erzählung ist immer geerdet und unverblümt, nie selbstmitleidig und immer irgendwie entschlossen. Es schreibt eine Dichterin und das Buch ist gespickt von sprachlich absolut schönen Momenten. Ich habe für dieses Buch einige Zeit gebraucht, vielleicht weil es von einem Leben voller Widrigkeiten und Traurigkeit handelt, und ich immer wieder genug Mut aufbringen musste, mich diesen zu stellen – aber das ist ein Grund mehr, warum ich Zami empfehle. Wer diesen Klassiker noch nicht gelesen hat, sollte ihn schleunigst auf seine Liste setzen!
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