Potsdam Postkolonial: Digitale Einblicke in die deutsche Kolonialgeschichte
In vielen deutschen Städten gibt es postkoloniale Ortsgruppen, so auch in Potsdam. Ziel der Arbeit dieser Gruppen ist es, anhand von lokalen Spuren ein Bewusstsein für koloniale Zusammenhänge zu schaffen. Die Gruppe Postcolonial Potsdam bietet bereits seit 2014 kolonial-kritische Spaziergänge durch den Park Sanssouci an. Vor Kurzem veröffentlichten sie eine Web-App, so dass Menschen dieses Wissen jederzeit individuell nutzen können. Bisher steht der Inhalt auf Deutsch und Englisch zur Verfügung.
In der App wird empfohlen die Tour am Neuen Palais in Potsdam zu beginnen. Dort geht es darum, wie die Spitze des Kilimandscharo nach Deutschland kam. Im Jahr 1890 schenkte der begeisterte Bergsteiger Hans Meyer einen Stein vom Gipfel des Kilimandscharo dem deutschen Kaiser Wilhelm II. als Symbol der deutschen Herrschaft über Ost Afrika. Der Stein (oder zumindest ein Ersatzstein) wird immer noch im Neuen Palais in Potsdam ausgestellt.
In dem postkolonialen Audioguide geht es nicht nur um den Kolonialismus auf dem afrikanischen Kontinent. Von 1898 bis zum Beginn des ersten Weltkriegs galt Kiaotschou in China als deutsche Kolonie. An der Orangerie in Potsdam wurden zwischen 1901 und 1919 astronomische Instrumente aus China ausgestellt. Die hatte das deutsche Militär nach dem sogenannten „Boxeraufstand“ bei einer Plünderung in Beijing mitgenommen.
Die historischen Anekdoten in der App dienen oft dazu, Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen. So beinhaltet die App ein Plädoyer für die Umbenennung von Plätzen, deren Bezeichnungen rassistisch sind – ganz ähnlich der Debatte in Berlin um die M-Straße, die Wissmannstraße oder andere Straßen im Afrikanischen Viertel. Zudem kommen Aktivist*innen aus der Schwarzen Community in Interviews zu Wort.
Es ist ein großer Gewinn, dass diese Art von Wissen kostenfrei im Internet zur Verfügung steht. Weitere Informationen zur Arbeit von Postcolonial Potsdam finden Sie hier.