Von Poesie zu Permakultur: Ein Interview mit Linda Gabriel über Empowerment von Frauen
Die simbabwische Dichterin und Performerin Linda Gabriel spricht mit Anna von Rath von poco. lit. über Empowerment von Frauen und Kindern durch Permakultur und Bildung mit ihrer gemeinnützigen Organisation Bontle Bahao – ein affirmativer SeSotho-Spruch, der „Ihre Schönheit“ bedeutet. Bontle Bahao befindet sich in einem Dorf im Zvimba-Distrikt und ist umgeben von den drei Städten Harare (der Hauptstadt Simbabwes), Chegutu und Chinhoyi. Zvimba ist ein landwirtschaftlicher Bezirk, aber das Land wird nicht ausreichend genutzt und die Menschen sind auf Lebensmittelhilfen angewiesen.
Vor der Gründung von Bontle Bahao in Simbabwe warst du als Dichterin und Performerin tätig. Du hast deine Arbeit auf Bühnen in verschiedenen Ländern Afrikas und Europas präsentiert. Warum hast du dich entschieden, deinen Fokus von der Kunst zu nehmen und ein Permakultur-Projekt zu starten?
Ich habe mich nicht unbedingt von der Kunst abgewendet, sondern eher meine Arbeit diversifiziert. Ich wollte Lösungen für die Probleme finden, die ich in meinen Gedichten immer wieder ansprach. Eines der Hauptthemen, mit dem ich mich beschäftigt habe, ist, ob Frauen und Communities in der Lage sind, ihre Kinder mit Essen zu versorgen. Meine Arbeit zu diversifizieren, mich mit Permakultur zu beschäftigen, ermöglicht es mir, Lösungen zu finden, anstatt nur Probleme anzusprechen. Wenn ich also davon spreche, dass Frauen hungrig sind, dann habe ich jetzt eine Lösung für das Problem: Warum können wir unsere Nahrungsmittel nicht selbst produzieren?
Warum ist Permakultur für den simbabwischen Kontext relevant? Musstest du einige der Methoden an diesen Kontext anpassen?
Permakultur ist nicht nur für Simbabwe relevant, sondern für fast alle Menschen, überall auf der Welt, denn Permakultur betrachtet alles in Beziehung zueinander. Wir schauen auf Wassermanagement und Abfallwirtschaft; wir achten auf den Anbau nahrhafter einheimischer Nahrungsmittel. Das braucht jede Gemeinschaft.
Permakultur ist relevant für uns, weil wir unsere eigenen Nahrungsmittel anbauen. Gleichzeitig verbessern wir damit unsere Ernährung. Wir streben danach, eine gesunde Community aufzubauen. Gleichzeitig leben hier viele Menschen in Armut. Permakultur bietet auch dafür eine Lösung, weil die Menschen nicht nur ihre Nahrungsmittel selbst anbauen, sondern zusätzlich den Überschuss verkaufen können. Sie können mit ihnen selbst produzierten Nahrungsmitteln Einkommen generieren, solange sie den Überschuss verkaufen. Oder sie nutzen ihre Produkte für den Tauschhandel. Wenn Sie einen Überschuss haben, können sie ihr Gemüse mit Freund*innen oder Nachbar*innen tauschen und das, was sie haben, gegen das, was sie brauchen, eintauschen. Letztlich bedeutet Permakultur für die Menschen, dass sie weniger Geld zum Leben brauchen, weil sie stattdessen untereinander Nahrungsmittel und andere Ressourcen tauschen. Permakultur ist in dem Sinne relevant, dass weniger Bäume gefällt werden. Wir setzten auf erneuerbare Energien, auf Aufforstung statt Abholzung; wir arbeiten gegen die Umweltverschmutzung.
Bontle Bahao verfolgt mehrere Projekte, eines davon heißt Mapfihwa. Warum hast du diesen Namen gewählt und was sind die Ziele des Projekts?
Mapfihwa ist ein Wort in der simbabwischen Shona-Sprache, das sich auf Steine bezieht, die den Topf beim Kochen mit Feuerholz stützen, wie es in vielen afrikanischen Gesellschaften traditionell üblich ist. Unser Projekt trägt den Namen Mapfihwa, weil es, wie die Steine, die Töpfe tragen, Frauen in ihrem täglichen Leben unterstützt. Frauen lernen über biologische Landwirtschaft. Verlorenes Wissen wird wiederbelebt, um Ernährungsunsicherheit zu bekämpfen und Unabhängigkeit zu fördern.
Das Frausein und die dazugehörenden Herausforderungen gehörten zu den Hauptthemen in deinen Gedichten. Du hast die Bühne oft genutzt, um Tabus anzusprechen. Wird Mapfihwa, abgesehen von der landwirtschaftlichen Selbstversorgung, auch einige der Themen deiner Poesie aufgreifen?
Man kann mich nie wirklich von meiner Poesie, von meinem Alltagsleben trennen. Mapfihwa greift auf jeden Fall ähnliche Themen auf, denn in der Community hier gibt es viele Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt. Das ist der Grund, warum wir Mapfihwa ins Leben gerufen haben, damit sich einige der Frauen selbst versorgen können. Dann sind sie nicht mehr auf ihre Männer angewiesen, wenn sie Gewalt erfahren. Einer der Gründe dafür, dass einige der Frauen immer noch in Beziehungen leben, in denen sie missbraucht werden, ist ihre Abhängigkeit von Männern. Wenn Frauen in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen, hoffen wir, dass die Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt zurückgehen werden.
Armut ist ein weiteres Thema, mit dem sich Mapfihwa befasst. Wenn eine Mutter in der Lage ist, ihre Kinder zu ernähren und ein zusätzliches Einkommen zu erzielen, können wir sicherstellen, dass diese Mütter es schaffen, mit der Armut umzugehen, die sie erleben. Gleichzeitig wollen wir mit Hilfe von Mapfihwa erreichen, dass Frauen ihre Kinder zur Schule schicken können. Wir hoffen, dass die Zahl der Schulabbrecher*innen tatsächlich abnehmen wird, wenn Frauen produktiver werden können.
Mapfihwa ist außerdem ein sicherer Ort, der es Frauen und Kindern ermöglicht, sich über Frauen- und Kinderrechte zu informieren. Es ist ein Raum, in dem Menschen offene Diskussionen über Tabuthemen und Empowerment führen können.
Wie können Menschen die Arbeit von Bontle Bahao unterstützen und sich an ihr beteiligen? Lokal, aber auch global?
Mit finanziellen Mitteln oder anderen Ressourcen, die es uns ermöglichen, unsere Arbeit zu tun. Wir brauchen zum Beispiel dringend ein Bohrloch, also eine zuverlässige Wasserquelle, um größere Gemüsegärten anlegen zu können. Alle sind herzlich eingeladen, über unsere go fund me Kampagne zu spenden. Zudem können Patenschaften für Kinder übernommen werden, damit sie zur Schule gehen können. Außerdem kann bei uns Bio-Gemüse gekauft werden.