Radikal
Yassin Musharbash stellt in seinem Krimi viele Fragen rund um Radikalität. In Berlin wird der charismatische Intellektuelle Lutfi Latif als Grünen Abgeordneter in den Bundestag gewählt. Latif ist Muslim und auf seiner Agenda steht in Deutschland die festgefahrene Islamdebatte neu zu verhandeln. Nach den Anschlägen vom 11. September in den USA ist auch in Deutschland die Angst vor islamistischen Terroristen deutlich gestiegen und wird häufig auf den gesamten Islam übertragen, in Folge dessen begegnet vielen Muslimen Abneigung oder sogar regelrechter Hass.
Latif wird von vielen geschätzt. Sumaya al-Schami, die sich als Muslimin, die selbst häufig rassistische Erfahrungen in Berlin macht, persönlich von Latifs Politik angesprochen fühlt, bewirbt sich eigens aus Hochachtung für einen Assistenzjob bei ihm. Allerdings löst Latifs Einzug in den Bundestag andererseits unter radikalen Gruppen aus den verschiedensten Spektren heftige Gegenreaktionen hervor und er erhält Morddrohungen per Post von Islamisten, Islamhassern und Nazis. Das BKA rät ihm sich Schutz zu holen und Sumaya engagiert den Terrorexperten Samuel Sonntag, genannt Samson, für diesen Job.
Samson hat Politikwissenschaften und Arabistik studiert und beschäftigt sich seit seinem Studium intensiv mit dem Jihad. Er wird getrieben von dem Wunsch zu ergründen, was Menschen sich in Selbstmordattentäter verwandeln lässt. Zudem fühlt er sich schuldig, da er in dieser Hinsicht bisher versagt zu haben scheint: Während seines Studiums war er mit Mohammed Atta, der später das Attentat am 11. September in New York beging, befreundet und hat nicht erkannt, dass dieser Pläne in der Art haben könnte.
Kurz nach seinem Amtsantritt stirbt Latif bei einem Anschlag im Berliner Regierungsviertel. Augenscheinlich bekennt sich Al-Qaida zu dem Mord. Während die Presse schon ihre große Story plant, haben Sumaya und Samson ihre Zweifel. Samson hat durch Zufall eine Gruppe radikaler Islamhasser aufgetan, das Kommando Karl Martell, der Regierungsmitglieder und andere reiche, gut gebildete Bürger_innen angehören. Er beschließt diese Gruppe zu infiltrieren und entdeckt die Planung eines bereits wachsenden, internationalen Netzwerks, das mit allen Mitteln – auch Mord – versuchen will gegen die Islamisierung des Abendlandes vorzugehen.
Die Intrigen sind sehr verstrickt. Involviert sind Vertreter_innen des deutschen Staates, das BKA, die Medien, Al-Quaida, nichtsahnende Jugendliche, die in ihrer Freizeit gerne Bomben bauen. Bis auf letzteren scheinen alle danach zu streben so genannte Wahrheiten, die ihren eigenen Werten entsprechen, zu verbreiten. Im ersten Moment sind sie ganz normale, nette Leute, im nächsten Moment tun sich die Abgründe ihres Innenlebens auf.
Durch diesen lesenswerten Roman ziehen sich viele Fragen: Wer radikalisiert sich eigentlich und warum? Wer hat das Recht zu entscheiden, was die richtigen Werte sind? Richtige Werte für wen? Als Antwort deutet Musharbash in verschiedene Richtungen, lädt seine Leser*innen aber immer wieder ein, mitzudenken.
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